Schwachheit

von Johannes Pfendt


Die Bibel enthält ja schöne und einprägsame Einzeiler, wie: »Gott ist Licht und in ihm ist gar keine Finsternis.«, oder: »Ich bin das Licht der Welt ...«. Doch aus irgendeinem Grund ist nicht die ganze Bibel in solch verständliche Verse gebettet. Man nehme beispielsweise den netten Paulus. Es gilt als unbestreitbar, dass er extrem viel bewirkt und mit großer Weisheit und Einsicht von Gott gesegnet war. Doch der eine oder andere Leser seiner Briefe mag sich fragen, warum er um alles in der Welt solch komplizierte Sätze gebildet hat. Im Römerbrief erzählt er uns ständig irgendwas von »Gesetz« und »Werke« und ca. 5 mal pro Satz fällt das Wort »Gerechtigkeit«. Ohne Bibelstudium versteht man da ja kein Wort. Warum kann er nicht einfach so etwas schreiben: »Teufel – böse. Jesus – Gut! ... Amen!« Und dann stolpert man im 2. Korintherbrief auch noch über so etwas.

» ... und damit ich mich nicht durch das Übermaß der Offenbarungen überhebe, wurde mir ein Balken ins Fleisch gegeben, ein Engel Satans, damit er mich mit Fäusten schlage, damit ich mich nicht überhebe. Für dieses flehte ich dreimal zum Herrn, damit er von mir abstehen möge. Und er hat zu mir gesagt: Meine Gnade genügt dir ...«

Ja ... Cool ..., denkt man sich. Paulus liefert sich nen Boxkampf mit einem Engel Satans, damit er nicht stolz wird und hat dabei nen Balken im Fleisch. Okay ... Wie auch immer. Dann liest man weiter und bemerkt, dass Gott außerhalb des Rings steht, und als Paulus ihn um Hilfe bittet, antwortet er nur: »Nö. Meine Gnade genügt dir.«

Das sind jene Bibelstellen, an denen man schnell die Seite umblättern sollte, bevor sich unangenehme Fragen im Kopf festsetzen ... Oder? Sollte man?

 

Ich blätter heute mal die Seite nicht um. Denn in Wahrheit können wir eine tiefe Botschaft aus diesen Zeilen entnehmen. Sie handelt von »Schwachheit«. Das ist ein Thema, das viele Menschen gerne überlesen würden, denn wer möchte schon schwach sein. Alles was uns umgibt, lehrt uns, stark zu sein, nach dem Motto: »Nur die Starken komm´n in Garten.« Es gibt unzählige Bücher, die einen vermitteln sollen, wie man das Leben meistert, wie man innere Stärke, Charisma, Zielstrebigkeit, Kontrolle und starkes Selbstwertgefühl entwickelt ... Das allumgebende Thema ist Stärke, weil die Menschheit - der Idee der Evolution folgend - Stärke als Schlüssel des Fortbestehens ansieht.

Doch hat irgendjemand mal ein Buch über Schwachheit als Schlüssel zum Erfolg geschrieben? Natürlich nicht. Wer würde so blöd sein ... Ups. Sorry Paulus. ;) Denn tatsächlich handelt der 2. Korintherbrief zum großen Teil von diesem Thema. Immer wieder betont er darin seine Schwachheit. Er ist derjenige, der von allen Aposteln am meisten gearbeitet und wahrscheinlich am meisten Frucht bewirkt hat. Sein Leben hat mehr Sinn gemacht, als das der meisten Könige und Herrscher. Wenn es uns also nach Erfolg verlangt – vielleicht wäre es an der Zeit, ihm trotz des Kontrastes seiner Aussagen zu unseren Erfahrungen und trotz aller sprachlichen Hürden, mehr Gehör zu schenken.

 

Einige Verse vor Paulus Boxkampf, steht dieser Vers, der dem ganzen Thema eine Grundlage gibt.

»Wenn es nötig ist, sich zu rühmen, so will ich mich dessen rühmen, was meine Schwachheit betrifft.«

(2. Korinther 11,30)

Paulus rühmt sich nicht seiner Stärke, seines Charismas oder Selbstvertrauens, obwohl er – auf seine Erfolge verweisend – dazu ein Recht hätte. Doch er rühmt sich seiner Schwäche. Das ist bemerkenswert. Warum er das tut, erfahren wir in dem oben angedeuteten Vers in 2. Kor. 12,9. »Und er hat zu mir gesagt: Meine Gnade genügt dir, denn meine Kraft wird in Schwachheit vollbracht (vollendet).« In diesem Vers werden alle wesentlichen Elemente unseres Themas zu einem Bild geformt. Kraft, Schwachheit und umhüllend: Die Gnade. Dem aufmerksamen Leser mag auffallen, dass sich die Kraft nicht auf menschliche Stärke bezieht, sondern auf Gottes Kraft. Die Unterscheidung zwischen Beiden fällt einfach. Menschliche Stärke ist individuell und endlich. Gottes Kraft ist universell und absolut. Oder anders ausgedrückt: Mensch – fehlbar. Gott – unfehlbar. So können wir den ersten Schlüssel zum Verständnis dieses ganzen Kauderwelschs festhalten. Es geht um Gottes Kraft, die in uns und durch uns wirkt und die somit zu unserer Kraft wird, die uns antreibt und alles Gute bewirkt und vollbringt. Diese Kraft ist die Energie, die den wahren Erfolg bestimmt – der Heilige Geist.

Wie aber kann der allmächtige Heilige Geist sein Wirken in uns und in unserer Umgebung zur vollen Entfaltung bringen. Saugen wir noch einmal diesen Vers in uns auf. »Meine Gnade genügt dir, denn meine Kraft wird in Schwachheit vollendet Die Schwachheit ist der Schlüssel. In ihr entfaltet sich die Kraft, nach der wir uns sehnen. In ihr bekommt unser Blick einen klaren Fokus. In ihr werden gleichzeitig unsere tiefste Sehnsucht nach Heimat und unser Drang nach Erfolg befriedigt und zur Erfüllung gebracht. Doch warum ist Schwachheit notwendig, um diese Kraft zu erleben?

 

Um das zu erklären, muss ich kurz auf den schlechten Ruf der Schwachheit eingehen. Denn entgegengesetzt der allgemeinen Meinung ist es nicht schlimm, schwach zu sein. Es ist sogar etwas Wunderbares. Tatsächlich erlebe ich nichts Schöneres als meine eigene Schwachheit. Warum? Nun. Wenn ich schwach bin, dann kann mein Papa stark sein. Wenn meine Stärke abnimmt in Gottes Gegenwart, wird das entstehende Vakuum mit Gottes Kraft ausgefüllt, mit dem Heiligen Geist.

Ich gleiche in dieser Sache einer Waage. Auf der linken Seite befindet sich eine Schale mit der Aufschrift: »Meine Kraft.«. Auf er anderen Seite: »Gottes Kraft.« Wenn ich nun immer mehr auf meine eigene Kraft setze, wird diese Schale immer weiter nach unten sinken. Wenn ich aber Gewicht von ihr wegnehme, wird meine Kraft - mein Wesen - immer weiter erhoben. Wenn nun letztendlich alle Gewichte aus der Schale unserer eigenen Kraft entnommen sind, passiert folgendes: »... und nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir. (lebt mich)« (Galater 2,20)

Dass Christus uns lebt, ist zum einen notwendig – da nur so die ursprüngliche, von Gott geschaffene Ordnung wiederhergestellt und unsere Fehlbarkeit ausgeglichen werden kann – zum anderen erleben wir nur so die ganze Freude des Seins. Jesus ist eine Person und ähnelt einem besten Freund. Wenn du einem Freund deine Schwächen preisgeben kannst, wird eure Beziehung auf eine neue Vertrauensebene gehoben. Es ist etwas ganz Besonderes und Wertvolles, eine Beziehung zu führen, in der man schwach und echt sein kann. Das kann sicherlich jeder von uns bezeugen. Es ist genau das, was sich jeder wünscht. Wenn du aber stark und somit unantastbar versuchst, in eine tiefe Beziehung einzutauchen, wird sie nicht Bestand haben. Ehepartner, die sich ihre tiefsten Wünsche, Schmerzen, Vorlieben, Hoffnungen und Ängste vorenthalten, können keine richtige Ehe leben. Erst wenn das Innerste des Menschen, die »Seele«, vor dem Partner offengelegt wird und dieser sie annimmt, so wie sie ist, nichts weiter verlangt als bereits beantwortetes Vertrauen, wird die Beziehung gelingen. Genauso ist es mit dir und Jesus. Vor ihm schwach zu sein, ist etwas Wunderbares. Es ist das Schönste, dass ich mir vorstellen kann. Denn Jesus weist meine Schwachheit nicht ab. Er nimmt sie an und beantwortet sie mit seinem Wesen, nämlich mit der Liebe des Vaters. Diese Liebe zeigt sich im Heiligen Geist, der Kraft Gottes. Die Liebe selbst ist diese Kraft. So dürfen wir Paulus im Tiefsten verstehen, wenn er sich seiner Schwachheit rühmt. Um eine tiefe Beziehung zu Jesus zu haben und das Wirken des Heiligen Geistes zu erleben, solltest du innerlich schwach/echt vor Jesus sein.

 

»Werdet wie die Kinder.«, sagte Jesus einmal. Dieser Satz gewinnt für mich immer mehr an Bedeutung, denn darin zeigt sich alles, was Paulus über die Schwachheit schreibt. Schwachheit hat weniger mit unserem Verständnis von Demut zu tun und viel, viel mehr mit Echt-Sein. Es gibt ja wieder einmal unzählige Erklärversuche, was Jesus mit diesem Vers gemeint hat. Meiner Meinung nach ist das ganz simpel. Zum einen verstellt sich ein Kind nicht und alle Empfindungen werden ohne Kompromisse nach außen gelassen. Ebenso können auch wir Gott nur in Echtheit begegnen, mit allen Gefühlen und Eindrücken die in uns sind. Würden wir es nicht tun, würden wir Gott etwas vorspielen und letztendlich nur uns selbst täuschen. Zum anderen ist es das Verständnis, dass ein Kind von seinen Eltern hat. (Sofern es gute Eltern sind) Sie sind Mittelpunkt und Problemlöser. Egal was das Kind hat, es wirft sich an Papa oder Mama und hat absolut keinen Zweifel daran, dass die Eltern eine Lösung finden. (Über dieses Thema werde ich in einem anderen Impuls ausführlicher schreiben.) Sie geben sich in ihrer ganzen Schwachheit den Eltern hin und in ihrer Schwäche werden die Eltern tätig. Ebenso ist es mit dir und Jesus. Wenn du dich wie ein Kind an ihn wirfst – echt, kompromisslos und befreit von religiösen Vorstellungen– dann wird Jesus tätig. Und erst dann, in deiner Schwäche, kann er dich mehr und mehr formen, dich »erziehen«, dir den richtigen Weg weisen. Wenn du schon lange mit Selbstwertproblemen oder Ähnlichem zu kämpfen hast, dann bietet sich hier die Antwort. Vielleicht suchst tiefe Freundschaften. Jesus ist eine Person. Das ist keine banale Phrase. Er ist dein Gegenüber. In Allem wird er deinen Bedürfnissen antworten. Wie ein Kind, dass sich nach einem Sturz nach der Liebe der Mama sehnt, wird deine Sehnsucht in Jesu Nähe im Tiefsten beantwortet. Dass du ihn nicht sehen kannst, ist kein Hindernis. Es ist eine besondere Qualität – denn so bleibt die reine Beziehung zu ihm, befreit von allem, was uns im Sichtbaren ablenken könnte. Jesus ist kein stilles Wesen, dass entfernt seinen eigenen Angelegenheiten nachgeht. Er ist eine handelnde Person und dir ganz nah. So nah, wie kein Mensch es jemals sein könnte. Du darfst ihn als Person, als Gegenüber, als Freund und Papa kennen lernen.

 

Die Schwäche vor Jesus ist der Schlüssel zum Erfolg. Denn so kann er wirken.

Zum Schluss aber möchte ich noch kurz auf den Anfangsvers zu sprechen kommen und damit das Thema abrunden. Der »Dorn im Fleisch«, den Paulus hatte, bezeichnet irgendeine Sache, die ihn einfach nicht losließ. Mit irgendeiner Herausforderung hatte er zu kämpfen. Jesus nahm ihm diese Herausforderung nicht direkt ab, sondern er sagte zu ihm: »Meine Gnade genügt dir, denn meine Kraft wird in Schwachheit vollendet.« Daher will ich mich am allerliebsten viel mehr meiner Schwachheiten rühmen, damit die Kraft des Christus über mir wohne.

Dieser Vers kam mir, nachdem ich neulich eine intensive Erfahrung mit Jesus hatte. Ich war wegen meiner Schwachheit, meiner Unsicherheit und einigen Fehlern, die ich immer wieder begehe, von mir selbst enttäuscht und ich glaube, dass es vielen Christen sehr ähnlich geht. Ähnlich wie Paulus hatte ich etwas in meinem Leben, das einfach nicht wegging und ich konnte nichts dagegen tun. Und dann erklärte mir Jesus etwas. Mit Worten ausgedrückt, sagte er zu mir: »Es ist okay. Deine Schwachheit hilft dir, zu mir zu kommen.«

 

Ich denke, dass man so auch diesen Vers verstehen darf. Wenn Gott Paulus diese Sache nicht direkt wegnimmt, hat das meiner Meinung nach nichts damit zu tun, dass Paulus Demut lernen soll. Es ist vielmehr eine liebevolle Aufforderung, den Weg des vollkommenen Erfolgs einzuschlagen. »Meine Kraft wird in Schwachheit vollendet Wenn du oder ich also durch irgendwelche Ereignisse, durch innere Konflikte und auch durch Fehler an unsere Schwachheit erinnert werden, dann brauchen wir an ihr nicht zu verzweifeln. Vielmehr dürfen wir sie als Gelegenheit betrachten, mit ihr zu Jesus zu kommen, erleben, wie unsere Beziehung auf eine neue Vertrauensebene gehievt wird und den Erweis seiner Kraft an uns zu erleben. Schwachheit hilft uns, Beziehung zu Jesus zu »bauen«. Dasselbe erlebte Paulus und deshalb rühmte er sich ständig seiner Schwachheit. Sie ist der Schlüssel seines Erfolgs.

 

Anmerkung:

 

Natürlich ist Sünde (wie auch Leid) nicht von Gott gewollt. Doch ähnlich einem Kind, das durch gute Eltern nach und nach lernt, wie man andere Menschen behandelt, so lernen auch wir in Gemeinschaft mit Jesus. Und ER ist es, der uns die Lösung zeigt, niemals wir selber. (durch unsere eigenen Bemühungen/Stärke/Werke.) Wenn aber die Kraft Gottes uns durch unsere eigene Schwachheit übernimmt, dann erleben wir das Resultat der absoluten Gnade Gottes. Wir erleben wie Jesu Wesen uns durchwirkt und logischerweise die Fehler (die schon durch Jesus gesühnt sind), auch rein praktisch verschwinden. Erst kommt die Gnade, dann die Veränderung. Erst kommt die Schwachheit, dann die Heilung in allen Bereichen. Erst kommt die Beziehung, dann die Freiheit. Nur so können wir wahre, nämlich die himmlische Stärke erleben, die echte Veränderung bewirkt. Sei es in unserem Leben oder in unserem Umfeld.


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